Hinsichtlich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (auch landläufig nach dem Entwickler des arbeitsmarktrechtlichen "Reform"konzepts Peter Hartz "Hartz IV" genannt) gilt der Grundsatz, dass - und das mutet ein wenig kurios an - im schieren Bezug der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ohne dass Maßnahmen wie Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben griffen, kein Mehrbedarf für schwer beeinträchtigte Menschen gewährt wird (in den Fällen des Vorliegens von solchen Maßnahmen beträgt der Mehrbedarf dann allerdings 35% der Regelbedarfsstufe, in die oder der Grundsicherungsleistungsempfangende fällt; vgl. § 21 Abs.4 SGB II).
Einfacher ist es, wenn ein Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft rentenversicherungsrechtlich voll erwerbsgemindert ist und die Voraussetzungen einer Schwerbehinderung unter Hin zuziehung des Merkzeichens "B" erfüllt, dann greift in der Tat der Mehrbedarfszuschlag von 17% (vgl. § 23 Ziff. 3 SGB II).
Schon wie der Gesetzgeber auf die 35% Mehrbedarfszuschlag bei Reha-Maßnahmen gekommen ist, wäre durchaus einen eigenen Beitrag wert, die 17% Mehrbedarfszuschlag für voll erwerbsgeminderte Schwerbehinderte mit einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Bewegungsfreiheit sind noch viel kurioser: Hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass es zwar einen evidenten Mehrbedarf gebe, dass dieser Mehrbedarf jedoch pauschal mit der Hälfte desjenigen, den er beruflichen Rehabilitanden gewährt, abgedeckt sein soll (wobei die 17% sogar mathematisch unkorrekt sind, bei einer hälftigen Regelung müssten es nach kaufmännischen Regeln nämlich 18% sein). Wer die Gesetzesbegründung liest, kommt aus dem Lachen - ob nun vor Wut oder schierem Sarkasmus - kaum noch heraus.
Der Mehrbedarf im Recht der Grundsicherung wegen Alters und voller Erwerbsminderung nach den Regelungen kann hier außen vor bleiben, da derselbe nicht die Fragestellung abbildet.
Eine Mehrbedarfsregelung ähnlich den Regelungen das Sozialgeld nach dem SGB II betreffend kennt das SGB VI nicht. Das hat zwei Ursachen: Zum einen sind auch Erwerbsminderungsrenten - wie auch Renten, die z.B. wegen Alters oder aufgrund des Todesfalls eines Familienmitglieds gewährt werden - nicht existenziell bedarfssichernd ausgelegt, weil sie - lässt man einige Kautelen nicht beitragsrechtlicher Art außen vor - letztlich über ein bestimmtes Rechensystem die eingezahlten Beiträge in der Rentenversicherung als Zahlungsleistung abbilden. Das kann - je nach Beitragszahlung - deutlich mehr als die Grundsicherung sein, aber eben auch deutlich weniger, wenn entsprechend wenig eingezahlt worden ist (auf Wartezeitregelungen und ähnliches gehe ich jetzt vorliegend nicht ein).
Der zweite - und im Grunde viel wesentlichere - Punkt ist, dass das rentenversicherungsrechtliche System hinsichtlich der Beitragsberechnung auch für beeinträchtigte Menschen keine Bonusregelungen kennt (die kennt hinsichtlich der anrechenbaren Wartezeiten und bzgl. des Umstandes, dass ein Zeitbonus von zwei Jahren gewährt wird). Es widerspräche der Logik des Sozialversicherungssystems, wenn man aufgrund einer Beeinträchtigung einen Mehrbedarf gewähren würde (da die Rentenversicherung ja gerade nicht auf Bedarfsdeckung, sondern auf Beitragsausgleich ausgerichtet ist).
Mithin gibt es keinen Mehrbedarf im Recht der Erwerbsminderungsrenten (im Gegenteil, rentenversicherungsrechtlich erfuhr man bis vor Kurzem selbst hinsichtlich der anerkannten Beitragszeiten faktisch einen Malus).
Der Mehrbedarf beim Sozialgeld wird also deshalb gewährt, weil der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass Beziehende des Sozialgeldes, die gleichzeitig rentenversicherungsrechtlich voll erwerbsgemindert und schwerbehindert mit einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Bewegungsfreiheit sind (Grad der Behinderung von mindestens 50 und Zuerkennung des Merkzeichen "G") einen grundständigen Mehrbedarf haben, den der Gesetzgeber mit 35% des Regelbedarfs der Regelbedarfsstufe, in die der oder die Sozialgeld-Beziehende eingruppiert ist, pauschaliert hat.