Montag, 19. Dezember 2016

Das Bundesteilhabegesetz (#BTHG) ist eine einzige sozial- und #behindertenpolitische Lüge

Was ist das denn mit dem #Bundesteilhabegesetz (#BTHG) für ein merkwürdiges Gesetz, bei dem erst die Justiz austarieren muss, ob der #Gesetzgeber mit seinen Floskeln, er handele hier im Sinne der #UN-#BRK und natürlich sei seine #Gesetzgebung verfassungsgemäß hantiert, sich die Kämmerer in den Kommunen und die Finanzdezernenten bei den überörtlichen Trägern sich mit Sicherheit jetzt schon die Hände reiben werden ob der schieren - im Gesetz ja so angelegten - Möglichkeiten, künftig noch rechtswidriger sparen zu können, als das nach den bisherigen Regelungen auch das #SGB XII ja durchaus schon der Fall war?
Dass man ein solches Gesetz gerade für Menschen schafft, die in aller Regel sowieso schon ein Vielfaches an Aufwand mit der Verwaltung nur dadurch haben, dass sie eine oder mehrere so erhebliche Beeinträchtigungen haben, dass sie künftig auf die (Achtung, Euphemismus) Teilhabeleistungen, die nach wie vor den Regelungen der Eingliederungshilfe folgen, angewiesen sind, ist ein Schlag ins Gesicht all' derjenigen, die seit Jahr und Tag versuchen, gravierende gesetzliche Vereinfachungen im Bereich des Teilhabe- und #Eingliederungshilferechts zu erreichen. Der Gesetzgeber bleibt ja schon bei der Funktion eines Teilhabeleistungsträgers - wieder einmal - auf halbem Wege stehen. Konsequent wäre es gewesen, jetzt _einen_ #Teilhabeleistungsträger zu schaffen, der sodann grundständig für alle behindertenrechtliche Belange zuständig zeichnet. Wenn man sich allerdings die Qualität der MitarbeiterInnen in den Sozialhilfeverwaltungen so ansieht, kann man den Gesetzgeber dann durchaus wieder verstehen, dass er davon zum wiederholten Male Abstand genommen hat. Und, wo kämen wir denn da hin, wenn für beeinträchtigte Menschen oder ihre Angehörigen einmal irgendetwas einfacher würde? Stattdessen schafft der Gesetzgeber ein Monstrum, das nicht einmal diejenigen verstehen, die darüber wesentlich beraten und abgestimmt haben. Ich nenne hier nur den #Obmann der #CDU-/#CSU-#Bundestagsfraktion Karl #Schiewerling, der in einem Pressegespräch im Nachgang zur Zweiten und Dritten Lesung des BTHG im Deutschen #Bundestag ausdrücklich gesagt hat, es gäbe keinen Kostenvorbehalt und niemand müsse aufgrund der Schaffung des BTHG nunmehr Befürchtungen hegen, er unterfiele dem "Zwangs-Pooling" oder müsse gar seine bisherige Wohnform zugunsten einer stationären aufgeben, der jetzt aber ggü. #ForseA - wer hätte das gedacht oder doch nur etwas anderes erwartet? - sich auf wachsweiche Formulierungen zurückzieht, die interpretatorisch genau den Spielraum lassen, den der Gesetzgeber ganz offensichtlich den #Sozialhilfeverwalungen schaffen wollte. Das ist in sich auch völlig logisch, man kann nicht in einen #Koalitionsvertrag schreiben, man kann nicht in die Präambel des BTH'G schreiben, man kann nicht die Ansprüche des Bundesrates an das Gesetz 1:1 umsetzen, die da lauten: Teilhabe gerne, aber wesentlich mehr kosten für zukünftig wesentlich mehr Betroffene schon aufgrund der demografischen Entwicklung darf es dann bitte nicht und gleichzeitig ein dem menschenrechtlichen Anspruch der UN-BRK oder auch nur dem Glechheitssatz des #Grundgesetzes folgendes #Teilhaberecht zu schaffen. Die Reduzierung der #Kostendynamik war die wesentliche Triebfeder, die den Gesetzgeber bei Schaffung des BTHG umgetrieben hat, alles Weitere ist im Großen und Ganzen schiere Heuchelei gegenüber den Betroffenen.
Und ich wiederhole es wieder und wieder: Wenn die Verbände der Behinderten(selbst)hilfe jetzt allen Ernstes der Ansicht sind, sie hätten durch ihre Proteste nach der Ersten Lesung etwas Wesentliches erreicht, müssen sie noch größere Scheuklappen vor den Augen haben, als das zuvor bereits offenbar wurde. Das Parlament durfte genau das (und im Grunde genommen nicht einmal das, die Verschlechterung bspw. in § 99 SGB IX hinsichtlich der Voraussetzungen, die im Hinblick auf Teilhabeleistungen erfüllt werden müssen, kommt ja trotzdem im Jahr 2023) abräumen, was die Bundesregierung an so exzessiven gesetzgeberischen Grausamkeiten verbrochen hatte, weil sie genau wusste, dass auf diesen der Fokus der Betroffenen liegen würde.
Ansonsten wird bei diesem Gesetz dermaßen viel gelogen, dass die sich in solchen Fällen sprichwörtlich biegenden Balken eigentlich längst gebrochen sein müssten. Die Bundesregierung "verkauft" das BGG als einen wesentlichen Fortschritt im Sinne der UN-BRK. Das ist eine glatte Lüge. Die Bundesregierung behauptet, durch die Herausnahme der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe und die Hereinnahme der jetzt ja als "Teilhabe" postulierten Eingliederungshilfe würde sie systematisch etwas ändern. Das ist nur insofern richtig, als die Herausnahme aus dem SGB XII sinnlogisch ist, aber ja nichts an den Voraussetzungen der Eingliederunghilfe ändert (mir kann bis heute - fiskalpolitische und staatspolitische Zielsetzungen einmal außen vor gelassen - niemand erklären, weshalb man für eine Teilhabeleistung noch Geld mitbringen muss; mir kann bis heute niemand erklären, weshalb Schweden mit einem deutlich niedrigeren Bruttoinlandsprodukt es schafft, die #WfbM ersatzlos abzuschaffen und die dort Beschäftigten auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen - klar kostet das einen Haufen Geld -, Deutschland hingegen nicht; mir kann niemand erklären, weshalb sich auch die Behinderten(selbst)hilfe seit Jahr und Tag einen Dreck um diejenigen beeinträchtigten Menschen kümmert, die überhaupt nicht in der Lage sind, für ihre Rechte selbst einzutreten usw., usf.).
Das gesamte BTHG ist eine einzige Mogelpackung: Darauf hätte der Blick der Protestierenden gerichtet sein müssen, weniger darauf, welche Einzelprobleme sich mit der Schaffung des BTHG (weiterhin) ergeben werden. Die Bundesregierung, der Deutsche #Bundestag, der #Bundesrat und, wenn nicht alles irrt, nächsthin der #Bundespräsident der Bundesrepublik # Deutschland zementieren ein Zwei-Klassen-Recht in diesem Land. Künftig gilt nicht mehr nur als Mensch zweiter Klasse, wer als Flüchtling in dieses Land kommt und sich meint, erfrechen zu müssen, hier Asyl zu beantragen (dann gilt für ihn nämlich das Asylbewerber-Leistungsgesetz, das selbst ggü. Grundsicherungsempfängern noch deutliche Leistungsabstriche macht). Wie gewohnt, aber jetzt immerhin mit dem Nimbus dessen, dass es ja das erste wesentliche Leistungsausführungsgesetz ist (das BTHG versteht sich selber schon nicht als Leistungsgesetz, das wäre dann allerdings aufgrund der Fallstricke, die in diesem Gesetz lauern, auch der Phantasmagorie ein bisschen zu viel), das den Regelungen der UN-BRK weitgehend entspricht. Das ist - man muss es ceterum censeo wiederholen - eine Lüge. Es ist auch keine kleine oder lässliche Lüge, es ist eher die Faust im Gesicht der Betroffenen, die sie hier zu spüren bekommen und die sie nach dem Willen der Politik ganz augenscheinlich auch genau so spüren sollen.
Es würde zu weit führen, hier von einer staatlich verordneten Euthanasie der Betroffenen zu schreiben, aber es handelt sich bei diesem Gesetz um die bewusste und gewollte permanent fortgesetzte Prekarisierung, Aussonderung und das Stellen auf das Abstellgleis von betroffenen beeinträchtigten Menschen und deren Angehörigen.
Das muss man einfach wissen, wenn man mit Menschen aus dem politischen Apparat, wenn man mit "Fachleuten" aus der Sozialleistungsverwaltung, wenn man mit "Öffentlichkeitsarbeitern" wie Berufstätigen in der Presse oder den Rundfunk- oder den Internetmedien spricht. Die Bundesregierung veranstaltet mit dem BTHG den größten Sozialbetrug in den letzten Jahren. Und die Bundesregierung weiß das, und die Bundesregierung will genau das. Alles andere ist politische Dampfplauderei. Das muss man einfach wissen.

Samstag, 17. Dezember 2016

So stimmte denn nun auch der Bundesrat mehrheitlich am 16.12.2016 dem #BTHG zu

Wenn man sich die die Rechtsansprüche beeinträchtigter Mensch häufig negierende untergerichtliche Rechtsprechung der Sozial- und teilweise der #Landessozialgerichte so ansieht, ist man versucht zu schreiben: Die #Bundesregierung ist der Ansicht, versuchen könne man es ja einmal, den manifesten Sozialbetrug an beeinträchtigten Menschen jetzt entgegen Art. 4 #UN-#BRK und Art. 3 Abs 3 Satz 2 #GG schlussendlich durch das gestern auch vom #Bundesrat verabschiedete schändliche #Bundesteilhabegesetz (#BTHG) gesamtgesellschaftluch dauerhaft durchzusetzen. Da viele Verfahren im Instanzenzug hängen bleiben (#Anordnungsverfahren z.B. können schon rechtstechnisch nur bis zu den #Landessozialgerichten betrieben werden), kann die #Sozialleistungsverwaltung zuverlässig darauf bauen, dass sie - zur Not mit rechtswidrigen (Widerspruchs-)Bescheiden - den gewünschten Abschreckungseffekt bei einer gewissen Anzahl der Klientel erreichen wird, notwendige Leistungen hin oder her. Die Verunsicherung der Betroffenen ist gewollt, wenn nicht gar erwünscht, höre und lies nach z.B. bei Karl #Schiewerling, der sich nicht entblödet, Art. 1 Par. 104 #BTHG beim Zwangspoolen von #Assistenzleistungen wahrheitswidrig schönzureden, obwohl er es als Obmann der #CDU-/#CSU- #Bundestagsfraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales ersichtlich besser weiß. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Retusche des Entwurfs des Armutsberichts der #Bunderegierung, in dem - man mag es kaum glauben: durch das #BMAS - die These aufgestellt, die vermögenden Bevölkerungsschuchten beeinflussten durch die schiere Zusammensetzung der #Parlamente die #Gesetzgebung in ihrem Sinne. Dazu passt die gesamte #Sozialgesetzgebung der letzten zehn, fünfzehn Jahre, die es systematisch geschafft hat, das ärmste Drittel der Bevölkerung in weiten Teilen dem Prekariat preiszugeben und eine deutluche steigerung des Wohlstandsgefälles zugunsten der fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung schafft, die bislang bereits einen Großteil der Vermögenswerte in seinen Händen gehalten hatte. Die These, es finde eine gezielte Umverteilung von Einkommens- und insbesondere Vermögenswerten von unten nach oben statt, ist statistisch, gesetzgeberisch und im gesamten Sozialraum erkennbar wissenschaftlich belegbar. Man lann jetzt nur noch auf das #Land #Berlin hoffen, das dem #BTHG im Bundesrat nicht zugestimmt hat und jetzt -aufgrund der Argumentation der zuständigen #Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und #Soziales - konsequenterweise ein #Verfahren der #abstrakten #Normenkontrolle vor dem #Bundesverfassungsgericht (#BVerfG) anstrengen muss.
Worum ging es dem Bundesrat bei dem vermeintlich den Betroffenen dienen sollenden Gefeilsche mit der Bundesregierung wirklich? Natürlich ums Geld. Der Bundesrat hat die Materie des Länderfinanzausgleischs schlussendlich zum Markstein dafür gemacht, wie viel ihm beeinträchtigte Menschen wirklich wert sind und siehe da: Die Bundesregierung stimmte einem Kompromiss zu, der die Länder im Bundesfinanzausgleich wesentlich besser stellt ... und prompt waren de

Sonntag, 4. Dezember 2016

Warum müssen beeinträchtigte Menschen (landläufig auch Menschen mit Behinderung genannt) in die Parlamente?

Die kürzlich wiederholt gelesene Aussage, die Einrichtungsträger hätten das bessere Lobbying als wir (also Menschen mit einer Sinnes-, körperlichen, psychischen oder seelischen Beeinträchtigung) unterstellt (in meinen Augen fälschlich), dass wir als betroffene beeinträchtigte Menschen überhaupt eine nennenswerte Lobby haben würden. Zum einen spricht für meine These, dass wir eine solche gerade nicht haben, der sog. Beteiligungsprozess, den zwar z.B. auch wieder die Ministerin Nahles in der Debatte zur Zweiten und Dritten Lesung des BTHG im Deutschen Bundestag am vergangenen Donnerstag proklamiert hat, dessen Ergebnisse man auch jetzt noch deutlich _nicht_ im Gesetz nachlesen kann. Zum anderen muss man sich auch einmal genau ansehen, was jetzt in den Ausschussberatungen eigentlich alles noch "abgeräumt" worden ist (und was eben gerade nicht). Abgeräumt wurde die sog. "5 aus 9"- bzw. "3 aus 9"-Regelung, weil die Regierungskoalition von dieser Regelung genau wusste, dass sie verfassungsrechtlich völlig unhaltbar ist (weil man wesentlich Ungleiches nicht einfach mit einem gesetzlichen Sichelschnitt als künftig gleich behandeln kann, nur weil es dem Gesetzgeber darum geht, Kosten auf Biegen und Brechen zu sparen, völlig gleichgültig, wie viele Betroffene künftig aus der Eingliederungshilfe gefallen wären). Geändert hat der Gesetzgeber auch den Vorrang der Hilfe zur Pflege bei Nicht-Erwerbstätigen, weil das letztlich nur einen finanziellen Verschiebebahnhof zwischen den Pflegekassen und der Eingliederungshilfe bedeutet hätte (auf gut Deutsch: Man wollte auch damit die Kommunen nochmals ein wenig zulasten der betroffenen pflegebedürftigen beeinträchtigten Menschen entlasten).
Verblieben sind hingegen - in abgeschwächter Form, aber sie sind verblieben - die Regelungen z.B. für die gemeinsame Nutzung von Assistenzkräften in zumutbaren Fällen, was man gemeinhin - ein wenig geringschätzig aber sehr treffend - mit dem Begriff des "Zwangspoolens" verbindet. Geblieben sind im Großen und Ganzen auch die Einkommens- und Vermögensregelungen bei Erwerbsunfähigkeit, im Alter und bei Vorliegen von Blindheit.
Nicht umsonst trommle ich seit einigen Wochen dafür, dass mich irgendein Landesverband der Linken als aussichtsreichen Kandidaten für die Bundestagswahl aufstellt, da ich der Ansicht bin, es müssten dringend und zwingend wieder selbst Betroffene ins Parlament. Sehr wichtig: Mich interessieren nicht nur die für uns relevanten Materien Soziales, Bauen und Verkehr, sondern auch der unendlich wichtige Haushaltsausschuss, denn _dort_ werden letztlich alle Gesetze gemacht, spätestens dann, wenn es um die Kosten- und Finanzierungsseite von Gesetzesvorhaben geht.

Ulla Schmidt, vormals Bundes-Gesundheitsministerin, heute MdB und Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe, ist jetzt doch froh, dass das BTHG Gesetz wird. Ich dann ja eher nicht

Nicht-beeinträchtigte Menschen meinen nach wie vor, Gutmenschentum an beeinträchtigten Menschen ausleben zu müssen (oder man nimmt einfach ausrangierte MinisterInnen oder StaatssekretärInnen wie Fr. Schmidt oder Fr. Mascher dafür). Letztlich muss man dann als BetroffeneR damit leben, dass die Besagte/n auch ein Schandgesetz wie das BTHG zum Schluss ganz toll finden, obwohl besagte Fr. Schmidt noch nach der ersten Lesung vor wenigen Wochen meinte, dem Gesetz in der damals vorgelegten Form keinesfalls im Bundestag zustimmen zu können. Fr. Schmidt, erklären Sie Betroffenen wie mir, erklären sie Angehörigen wie Gisela Maubach oder Inge Rosenberger, die schwerstbeeinträchtigte Kinder haben, was konkret dieses Gesetz für erwerbsunfähige beeinträchtigte Menschen für einen Vorteil zeitgen soll. Sie leben, ich arbeite in einem Bundesland, das die Erwebsunfähigkeit von Betroffenen durch seine überörtlichen Leistungsträger derart hat uminterpretieren lassen, dass es mittlerweile eine faktische Verpflichtung zum Werkstattbesuch auch für solche Betroffenen gibt, die dazu rein tatsächlich unter den Grundlegungen, unter denen die Werkstätten funktionieren, gar nicht in der Lage sind. Alldieweil man ja sowieso konstatieren muss: Was bringt dieses Gesetz eigentlich erwerbsunfähigen oder in WfbM beschäftigten beeinträchtigten Menschen? Die Ersteren dürfen sich jetzt, sofern sie ehrenamtlich tätig sind, in Zukunft dafür ihrer Familienangehörigen, Freunde und Nachbarn bedienen, weil das BTHG die bisherige Finanzierung derartiger Leistungen durch die Eingliederungshilfe explizit auszuschließen sucht.
Die Letzteren bekommen als "Zuckerl", dass die Funktion der Werrkstatträte minimal aufgewertet werden soll und die Funktion einer funktionslosen Frauenbeauftragten in den WfbM geschaffen werden soll.
Erklären Sie einfach einmal den Betroffenen, weshlab - außer natürlich dem Argument des Kostenvorbehalts, unter dem das ganze Gesetz ja stehen muss, stand ja bereits im Koalitionsvertrag geschrieben, dass das Gesetz keine wesentliche Ausgabendynamik entfalten dürfe -, weshelb also dieses Land mit einem wesentlich höheren Bruttoinlandsprodukt je Einwohner als Schweden es nicht schafft, die Werkstätten ersatzlos abzuschaffen und die Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen (teilweise natürlich mit erheblich höheren assistiven Kosten)? Nun hat Schweden sicherlich eine andere Sozialkultur als Deutschland, aber das kann - mit Verlaub - als einziges Argument dann nicht hinreichen.
Nein, ich will Ihnen sagen, was Sie getan haben. Sie haben wider besseres Wissens einem Gesetz zugestimmt, von dem Sie selber ganz genau wissen, dass es eben keine wesentliche Verbesserung der Betroffenen, sondern ganz imn Gegenteil - und insofern straft sich die Arbeits- und Sozialministerin Nahles einfach Lügen, wenn sie das Gegenteil behauptet - für die Betroffenen insgesamt zu deutlichen Verschlechterungen führen wird. Über welchen Personenkreis derer, die wesentliche Einkünfte erhalten und infolgedessen in den Genuss der erhöten Einkommens- und Vermögensfreigrenzen kommen, unterhalten wir uns denn? Das ist - und das wissen Sie natürlich ganz genau - ein verschwindend geringer Anteil der Betroffenen. Für das Gros der Betroffenen, die tatsächlich erheblicher finanzieller Zuwendungen bedürften, um überhaupt aus dieser permanenten Armutsfalle herauszukommen, haben Sie keinen Finger gerührt. Dass sich die Situation für pflegebedürftige Menschen, die gleichzeitig Eingliederungshilfeleistungen bzw. Hilfe zur Pflege erhalten, nicht wirklich verbessert, auch das sollte sich die vormalige Bundesministerin für Gesundheit Ulla Schmidt einmal hinter die Ohren schreiben, war sie doch während der Zeit ihres Ministeramtes eben auch für die Pflegeversicherung verantwortlich.
Es hilft den Betroffene herzlich wenig, wenn Sie mit Fr. Griese und Fr. Lösekrug-Möller freundlich in die Kamera lächeln. Die SPD, alle drei Damen gehören dieser Partei an, muss sich mittlerweile wirklich nicht mehr wundern, dass man sie als Volkspartei nicht mehr ernst nimmt. Wenn man ein Spargesetz verabschieden will, und genau das wollten Sie, gehört es zur staatsbürgerlichen Ehrlichkeit auch einer Abgeordneten und gerade der Vorsitzenden der Bundesvereinigung Lebenshilfe, so etwas den Bürgern auch ehrlich zu vermitteln. Natürlich wäre auch dann ein Proteststurm über Sie hinweggefegt, aber Sie hätten sich wenigstens die andauernde Wut der Bettroffenen, von der Politik mittlerweile unentwegt nur noch für dumm verkauft zu werden, erspart.
Ich würde mich zu gerne irgendwann mit Ihnen unmittelbar unterhalten haben, einzig, ich bin nicht in dem Bereich des KSL Köln tätig, Aachen liegt leider nicht im Regierungsbezirk Düsseldorf, ich bin für das dortige Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben als Jurist tätig.

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Ein erster vielleicht noch ein wenig unfertiger Kommentar zur heutigen Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes durch den Deutschen Bundestag

Vielleicht kann jemand aus der geneigten Leserschaft einem unbedarften und nicht mehr ganz jungen Juristen, der überwiegend sozialrechtlich tätig ist, erklären, inwiefern wir heute durch die Verabschiedung des Bundes-Teilhabegesetzes (BTHG) durch den Deutschen Bundestag einen Schritt weitergekommen sind? Mir ist nach wie vor in keiner Weise klar, inwiefern das Gesetz für das Gros der beeinträchtigten Menschen, das nicht in wesentlichem Umfang Einkünfte erzielt und deren Angehörige, die sich für die Betroffenen tagtäglich sowohl pflegerisch als auch im Hinblick auf die ganzen behördlichen und sozialversicherungsrechtlichen Unwägbarkeiten ausgesetzt sehen, verausgaben (die Unzuträglichkeiten durch die Leistungsträger betreffen natürlich in noch größerem Maße die Betroffenen selbst), eine Erleichterung sein soll. Die Möglichkeit, die Inanspruchnahme von Teilhabeleistungen daran zu knüpfen, dass dieselben für mehrere Assistenznehmer durch eine Assistenz geleistet werden, ist nur teilweise zurückgenommen, für die WfbM gibt es keinerlei wesentlichen Fortschritte, geschweige denn, dass endlich an deren Abschaffung gearbeitet würde. Man muss schon einen sehr einseitig parteipolitischen Blick haben, um sich als Vorsitzende der Lebenshilfe dieses Gesetz in der von Ihnen vorgestellten Art und Weise schön zu reden.Wir werden das heute durch die Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag verabschiedete Bundes(ersichtlich nicht)-Teilhabegesetz, so denn der Bundesrat diesem Schandwerk tatsächlich zustimmen sollte und der Bundespräsident auch noch unterzeichnen sollte, dann eben als Betroffene mittels Verfassungsbeschwerden und abstrakten Normenkontrollverfahren verfassungsrechtlich in Grund und Boden klagen müssen, damit sich die Bundesregierung endlich befleißigt, ein den menschenrechtlichen Ansprüchen der UN-Behindertenrechtskonvention und dem grundrechtlichen Gleichheitsanspruch des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach ja angeblich "niemand ... wegen seiner Behinderung benachteiligt werden" darf (manchmal liest sich das Grundgesetzu nicht nur wie Sonntagslyrik, sondern wie schierer Hohn für die Betroffenen) genügendes Teilhaberecht zu schaffen. Man hat die Bundesreigerung und die sie tragenden Fraktionen vorher hinlänglich gründlich gewarnt. Wer nicht hören will, muss sich eben - wieder einmal, mittlerweile fungiert das Gericht ja als permanenter Ersatzgesetzgeber - vom BVerfG die Leviten lesen lassen.