Freitag, 12. Februar 2010

Westerwelle: Praeceptor Germaniae oder doch nur ein völlig unmoralischer Schaumschläger?

Es geht Westerwelle und Konsorten natürlich um etwas ganz Anderes. Durch das vielfach jetzt aufbrechende Geschrei, der Sozialstaat ruiniere die Republik, soll lediglich kaschiert werden, dass die Schwerz-Gelben diese Promotion ganz überwiegend für eine sehr schmale Schicht der Bevölkerung betrieiben, nämlich denjenigen, die entweder überhaupt nicht darauf angewiesen sind, eigenes Erwerbseinkommen zu erwirtschaften oder deren Erwerbseinkünfte derart hoch sind, dass jegliche fundamentale Reform der bisherigen Grundischerungsgesetzgebung ihnen - finanziell - tatsächlich ein wenig "am Kittel flicken" würde. Indem Hr. Westerwelle letztlich die Arbeitsuchenden nicht nur für ihr Schicksal selbst verantwortlich macht, sondern darüber hinaus konstatiert, dass weite Kreise dieser Personengruppe gar nicht arbeiten wollten, schürt er eine ebenso alten wie falschen, vorwiegend von konservativer Seite, betriebene Anti-Sozialagitation, der allerdings auch Möchtegern-Besserwisser wie die Herren Clement und Schröder mit Freuden beigetreten sind (und dass die GRÜNEN die Hartz-Gesetzgebung mit "verbrochen" haben, macht sie als vorgeblich bürgerrechtlich orientierte Partei nicht wirklich glaubwürdiger).
Jede ernsthafte soziologische Studie zum Thema weist nach, dass nicht die Arbeitsunwilligkeit der Betroffenen sondern das Fehlen adäquater Jobs das Problem ist. Schlicht: Es gibt aufgrund sich verstetigender Automatisierung im Produktionsprozess zu wenig ordentlich bezahlte Erwerbsarbeit. Und bis Deutschland ein - dann auch mit anständigen Gehältern aufwartendes - Dienstleistungsland wird, werden vermutlich noch mehrere Generationen vergehen.
Ich kann dieses Gefasel von z.B. Fr. von der Leyen, wenn wir denn nur genügend Ganztageskrippenplätze hätten würde sich auch das Problem der Alleinerziehenden auf dem Arbeitsmarkt weitgehend erledigen, mittlerweile nicht mehr hören. Es gibt viel zu wenig Teilzeitarbeitsplätze. Durch eine zudem erfolgende geradezu absurd anmutende Anrechnungspraxis verschiedener Sozialleistungen (Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld) rentiert sich eine Erwerbstätigkeit für gerade diesen Personenkreis überhaupt nicht.
Über die mich mit am meisten interessierende Klientel, behinderte Menschen, wird - bezogen auf den Arbeitsmarkt - seit Jahren nicht einmal mehr ernsthaft diskutiert. Die einzige ordentlich arbeitende Akademikerarbeitsvermittlung für diesen Personenkreis wurde vor einiger Zeit - aus Kostengründen - eingestellt, obwohl deren Ergebnisse ausgezeichnet waren. Selbst wenn man sich - wie ich - als Jurist auch nur selbstständig machen will, werden einem derart unüberwindbare Hindernisse in den Weg gelegt, dass sogar jemand mit einem ausgesprochen guten Nervenkostüm irgendwann der Verzweiflung nahe ist. Ich bin ggw. "nur" im EU-Rentenbezug, nichtsdestotrotz trifft mich das Geschwätz von Westerwelle, Weiß (der ja meint, man könne den Regelsatz, der gleich in vielfacher Hinsicht zusammen gemogelt wurde, um ihn um 30% unterhalb selbst der Erwerbseinkünfte des am wenigsten verdienenden Fünftels der Bevölkerung, jetzt durchaus kürzen, schließlich hätten die Grundsicherungsempfänger ja nunmehr wieder einen Anspruch auf einmalige Leistungen, wo jeder weiß, dass man sich von diesen lächerlichen 40,- €, die sämtliche einmaligen Bedarfe abdecken kann, nahezu nichts leisten kann) und Konsorten unmittelbar.
Wenn schon hoch qualifizierte, trotz Handicaps mobile und geradezu arbeitswütige Menschen wie ich vom System weitgehend sabotiert werden, wie muss es dann erst denjenigen gehen, die vielleicht nicht solche verbalen oder intellektuellen Fähigkeiten haben.
Dass der gesamte Sozialstaatsansatz von schwarz-gelb zutiefst unredlich ist, zeigt die gesamte jetzt nach dem Urteil aufgetretene Diskussion aus dem Regierungslager.

Hier noch der Link zu den Ausführungen von Guido Westerwelle auf Welt online:
http://bit.ly/9REBRT.

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