Sonntag, 4. Dezember 2016

Warum müssen beeinträchtigte Menschen (landläufig auch Menschen mit Behinderung genannt) in die Parlamente?

Die kürzlich wiederholt gelesene Aussage, die Einrichtungsträger hätten das bessere Lobbying als wir (also Menschen mit einer Sinnes-, körperlichen, psychischen oder seelischen Beeinträchtigung) unterstellt (in meinen Augen fälschlich), dass wir als betroffene beeinträchtigte Menschen überhaupt eine nennenswerte Lobby haben würden. Zum einen spricht für meine These, dass wir eine solche gerade nicht haben, der sog. Beteiligungsprozess, den zwar z.B. auch wieder die Ministerin Nahles in der Debatte zur Zweiten und Dritten Lesung des BTHG im Deutschen Bundestag am vergangenen Donnerstag proklamiert hat, dessen Ergebnisse man auch jetzt noch deutlich _nicht_ im Gesetz nachlesen kann. Zum anderen muss man sich auch einmal genau ansehen, was jetzt in den Ausschussberatungen eigentlich alles noch "abgeräumt" worden ist (und was eben gerade nicht). Abgeräumt wurde die sog. "5 aus 9"- bzw. "3 aus 9"-Regelung, weil die Regierungskoalition von dieser Regelung genau wusste, dass sie verfassungsrechtlich völlig unhaltbar ist (weil man wesentlich Ungleiches nicht einfach mit einem gesetzlichen Sichelschnitt als künftig gleich behandeln kann, nur weil es dem Gesetzgeber darum geht, Kosten auf Biegen und Brechen zu sparen, völlig gleichgültig, wie viele Betroffene künftig aus der Eingliederungshilfe gefallen wären). Geändert hat der Gesetzgeber auch den Vorrang der Hilfe zur Pflege bei Nicht-Erwerbstätigen, weil das letztlich nur einen finanziellen Verschiebebahnhof zwischen den Pflegekassen und der Eingliederungshilfe bedeutet hätte (auf gut Deutsch: Man wollte auch damit die Kommunen nochmals ein wenig zulasten der betroffenen pflegebedürftigen beeinträchtigten Menschen entlasten).
Verblieben sind hingegen - in abgeschwächter Form, aber sie sind verblieben - die Regelungen z.B. für die gemeinsame Nutzung von Assistenzkräften in zumutbaren Fällen, was man gemeinhin - ein wenig geringschätzig aber sehr treffend - mit dem Begriff des "Zwangspoolens" verbindet. Geblieben sind im Großen und Ganzen auch die Einkommens- und Vermögensregelungen bei Erwerbsunfähigkeit, im Alter und bei Vorliegen von Blindheit.
Nicht umsonst trommle ich seit einigen Wochen dafür, dass mich irgendein Landesverband der Linken als aussichtsreichen Kandidaten für die Bundestagswahl aufstellt, da ich der Ansicht bin, es müssten dringend und zwingend wieder selbst Betroffene ins Parlament. Sehr wichtig: Mich interessieren nicht nur die für uns relevanten Materien Soziales, Bauen und Verkehr, sondern auch der unendlich wichtige Haushaltsausschuss, denn _dort_ werden letztlich alle Gesetze gemacht, spätestens dann, wenn es um die Kosten- und Finanzierungsseite von Gesetzesvorhaben geht.

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