Mittwoch, 28. September 2016

Bundesregierung bleibt bei ihrer Position nach Einbringung des Bundesteilhabegesetzes in den Bundestag

Die #Bundesregierung wird das Gesetzgebungsverfahren zum #Bundesteilhabegesetz (#BTHG) beinhart durchziehen, vielleicht die ein oder andere marginale und nicht sonderlich kostenrelevante Änderung, die der #Bundesrat beantragt, durchwinken und das Gesetz im Großen und Ganzen genauso verabschieden, wie sie es eingebracht hat. Dass es sich - ganz nebenbei - um ein Spargesetz handelt, hat ja - soweit ich die Wortbeiträge, die auf Katrin Werner (Die #Linke) und Corinna Rüffer (Bündnis 90/#Grüne) folgten - nicht einmal die Koalition tatsächlich bestritten. Stattdessen bläst sie mit ziemlich dicken Backen viel Wind durch die Gegend, indem sie behauptet, die Opposition skandalisiere, wo dieselbe lediglich die korrekte Faktenlage und die prospektive Erwartungshaltung der Betroffenenverbände artikuliert. Inhaltlich hat die Bundesregierung zu den von der Opposition geäußerten Grausamkeiten, Verschlechterung und Verschlimmbesserungen dem Grunde nach mit keinem Wort Stellung bezogen, abgesehen davon, dass sie wohl bereits sein dürfte, bei der Lottereie 5 (bzw. 3) aus 9 und dem Pooling einzulenken. Das wurde zumindest in der Debatte schon offenbar, aber in meinen Augen ist das die gesetzgeberische Spielmasse, die die Bundesregierung in der Absicht durch die Referenten hat einbauen lassen, sich in der dritten Lesung so darstellen zu können, als käme sie den Verbänden jetzt sehr weitgehend entgegen; dabei beließe sie es letztlich – und genau das ist ja gewollt – nur beim jetzigen Zustand. Die Crux ist: Am Kostenvorbehalt - und einen solchen gibt es rein tatsächlich, wenn er auch juristisch weitgehend beerdigt schien - wird sich durch dieses Gesetz nicht nur nichts ändern, es wird ein deutlicher zusätzlicher Kostenvorbehalt für "Neufälle" eingeführt werden.
Was heißt eigentlich, das Gesetz dürfe keine sonderliche Ausgabendynamik entwickeln, wie die Bundesregierung in der im Deutschen #Bundestag eingebrachten Gesetzesvorlage und der Bundesrat in seinem Änderungsantrag vom folgenden Tag ja fordern? Letztlich wird damit zweierlei zugegeben oder doch zumindest sprachlich manifestiert: Die bisherige sehr weitgehend rechtswidrige Gesetzgebung und Verwaltungspraxis soll durch dieses Gesetz auf weitere Jahre hinaus zementiert werden. Rechtswidrig deshalb, weil es schon jetzt nach der Gesetzgebung des Grundgesetzes und der UN-Behindertenrechtskonvention illegal ist, Menschen nur aufgrund ihrer Behinderung schlechter zu behandeln als nicht-behindert werdende Menschen. Der Bestandsschutz, von dem jetzt die Rede ist, ist auch interessant: Damit werden dann gleich zwei Klassen von Benachteiligten geschaffen. Diejenigen, die nach altem Recht schon ziemlich stark benachteiligt wurden (weil ihre Einkünfte und Vermögen in rechtlich völlig unzulässiger Weise angerechnet worden sind) und die künftigen Habenichtse, für die zwar auch ein erhöhter Einkommens- und Vermögensfreibetrag gelten wird, denen aber von vornherein das bisher umfassende Leistungsspektrum der Eingliederungshilfe versagt werden soll. Das ist so gewollt, nach dem Abgeordneten der Unionsfraktion #Schiewerling ist das eben einfach Schicksal. Aha, wenn die Bundesregierung einen grundgesetzwidrigen Gesetzentwurf durch den Bundestag zu verabschieden gedenkt, ist das also einfach Schicksal? Pech gehabt, wenn Du beeinträchtigt bist und die Leistungen dummerweise erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes stellst, weil Du dann in wenigstens fünf (bei Pflegebedürftigkeit: in drei) Lebensbereichen einen Bedarf nachweisen musst. Das soll und das wird in immensem Umfang Leistungsberechtigte in der Eingliederungshilfe von den Leistungen per se ausschließen. So etwas kann man dann zwar sicherlich Teilhabe nennen, in Wahrheit ist es allerdings die – wie gesagt: bewusst gewollte – Rückkehr zu den Fürsorgerichtlinien des Deutschen Reiches in den 1920er Jahren, in denen die Betroffenen auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen der Sachbearbeiter (Sachbearbeiterinnen gab es damals praktisch überhaupt keine) abhängig waren.
Die Bundesregierung wäre erheblich ehrlicher, wenn sie den Betroffenen konzendieren würde: Hört zu, wir sind nicht bereit, für ein Promille der Bevölkerung die Menschenrechte in gleicher Weise anzuerkennen, wie wir das für 99,9% der restlichen Bevölkerung auch tun, akzeptiert das oder klagt euch eben durch die Instanzen. Immerhin haben die Länder und die Kommunen dann den Vorteil, dass sie bei vielen der Betroffenen, die entweder nicht die Kraft oder den Mut haben, sich durch sämtliche Gerichtsinstanzen klagen zu müssen, den entsprechenden Kostenvorteil, der sich dann schnell auf mehrere Milliarden Euro summieren wird. Man denke bei diesem Gesetz einfach an einen Spruch, den Bill Clinton in einem seiner – erfolgreich gewonnenen – Wahlkämpfe um das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika verwendet hat: „It’s the economy, stupid.“ Recht frei übersetzt: Die Ökonomie zeigt letztlich, wer hier Herr im Haus ist, Du Dummkopf.

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