Samstag, 8. Oktober 2016

#Bundesteilhabegesetz (#BTHG): Das #BMAS in seinem (Werbe-)Lauf halten durchaus auch Ochs und Esel auf

Mit welcher Chuzpe das #BMAS jetzt versucht, eine wahrheitswidrige Umdeutung des Entwurfs des #BTHG vorzunehmen, kann einen im Grunde nicht mehr sonderlich wundern, der oder die Andrea Nahles in der Debatte zur Einbringung des Gesetzes vor etwas mehr als zwei Wochen gehört hat. "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", "Es wird blühende Landschaften ... geben", "Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind", "Nimenadem wird es schlechter gehen, aber vielen besser". Zugegeben, bis auf die letzte Aussage sind die drei ersten in der Debatte so nicht gefallen, aber die dahinter stehende Lüge hat eine mindestens so lange Pinocchio-Holznase wie die vormaligen Aussagen von Walter Ulbricht, Helmut Kohl und Uwe Barschel. Man knausert, man spart, man will juristisch Leistungen einschränken (auch die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese, konnte mir am Donnerstag auf einer Veranstaltung in einer kleinen nahe bei Düsseldorf liegenden Stadt nicht erklären, wie der Bestandsschutz für die bislang Leistungen Erhaltenden eigentlich gewährleistet werden soll (auf meinen diesbezüglichen Hinweis ist sie erst gar nicht eingegangen, obwohl ich das Desaster in 1994 bei Schaffung des Pflegeversicherungsgesetzes doch recht farbig beschreiben habe). Sie könnten die Finanzierung, an der letztlich alles hängt, durchaus sicherstellen, sie wollen es einfach nicht. Die "Schwarze Null" (nein, ich schreibe jetzt nicht von einem Unionspolitiker, sondern von der Staatszielsetzung, künftig ohne neue Schulden der öffentlichen Hand auskommen zu wollen) ist, das muss man so deutlich schreiben, mittlerweile das sozialpolitische Credo schlechthin. So wird auch verständlich, warum zunächst nicht einmal die Bestandsschutzregelung ins Gesetz soll, so wird auch verständlich, warum die Bundesregierung beinhart auf dem Prinzip besteht, sie bringe dieses Gesetze entweder wie von ihr vorgelegt oder eben überhaupt nicht durchs Parlament.
Ich lese immer von den Auguren der Koalition, Andrea Nahles habe sich monatelang für konkret diesen Gesetzentwurf „ins Zeug gelegt“. Nun ist Fr. Nahles mindestens sozialpoliitisch ja nicht völlig unbeleckt, Sozialpolitik war immer einer ihrer politischen Schwerpunkte. Das heißt, die Frau weiß sehr genau, wovon sie redet, wenn sie der Öffentlichkeit (bei den Betroffenen schafft sie das ja zunehmend nicht mehr) weis zu machen sucht, das BTHG stelle in seiner Substanz einen wesentlichen behindertenpolitischen Fortschritt dar.
Das stimmt, es stellt – rein terminologisch – einen wesentlichen Fortschritt dar, indem es die menschenrechtliche Sichtweise im Gesetz sprachlich darstellt, in der gesamten Leistungsausgestaltung allerdings selbst weit hinter den ersten Teil des SGB IX zurückweicht. Nicht umsonst lästere ich nahezu unentwegt, dass mit der Schaffung des BTHG das Fürsorgeprinzip wieder eingeführt wird, weil z.B. nach Zumutbarkeitskriterien „gepoolt“ werden darf, natürlich – so meint auch Fr. Griese – nur mit Einveständnis der Betroffenen. Wie dieses „Einverständnis“ aussieht, kann ich mir jetzt schon illustriert vorstellen. Die Leistungsträger werden das „Einverständnis“ schon dadurch bewirken, dass sie den Betroffenen klarmachen, wenn er denn nicht einwillige, bekomme er eben überhaupt keine Leistungen, er könne ja klagen.
Nein, ich kotze nicht, mir wird nicht einmal schlecht. Aber in mir erwacht eine Kampfeslust, wie ich sie seit Jahren nicht mehr verspürt habe.
Lasst sie dieses Gesetz so beschließen, wie es jetzt eingebracht worden ist und wir machen sie juristisch nach Strich und Faden fertig. Dieser Gesetzentwurf ist dermaßen verfassungs-, behindertenrechtskonventions- und menschenrechtswidrig, selbst wenn wir sie in den Fachgerichtsbarkeiten nicht zu fassen bekommen sollten, weil nach wie vor so manches Fachgericht sowohl das Grundgesetz als auch die UN-Behindertenrechtskonvention eher als Sonntagsprosa denn als Rechtsanspruch ansieht, auf verfassungsrechtlicher Ebene (und Gerhard Bartz hat vollkommen recht, dass er auch uns selbst betroffene Juristen schilt, dass wir damit nicht viel intensiver hantieren würden) bekommen wir dieses Gesetz kurz und klein dekliniert.
Auch so bringen wir zum Ausdruck: Das BTHG in dieser Form ist #NichtmeinGesetz.


Der Link zum Beitrag auf den kobinet-Nachrichten: http://bit.ly/2e1N9xo.

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