Mit welcher Chuzpe das #BMAS jetzt versucht, eine wahrheitswidrige Umdeutung des Entwurfs des #BTHG
vorzunehmen, kann einen im Grunde nicht mehr sonderlich wundern, der
oder die Andrea Nahles in der Debatte zur Einbringung des Gesetzes vor
etwas mehr als zwei Wochen gehört hat. "Niemand hat die Absicht, eine
Mauer zu errichten", "Es wird blühende Landschaften ... geben", "Ich
gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe
haltlos sind", "Nimenadem wird es schlechter gehen, aber vielen besser".
Zugegeben, bis auf die letzte Aussage sind die drei ersten in der
Debatte so nicht gefallen, aber die dahinter stehende Lüge hat eine
mindestens so lange Pinocchio-Holznase wie die vormaligen Aussagen von
Walter Ulbricht, Helmut Kohl und Uwe Barschel. Man knausert, man spart,
man will juristisch Leistungen einschränken (auch die Vorsitzende des
Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese, konnte
mir am Donnerstag auf einer Veranstaltung in einer kleinen nahe bei
Düsseldorf liegenden Stadt nicht erklären, wie der Bestandsschutz für
die bislang Leistungen Erhaltenden eigentlich gewährleistet werden soll
(auf meinen diesbezüglichen Hinweis ist sie erst gar nicht eingegangen,
obwohl ich das Desaster in 1994 bei Schaffung des
Pflegeversicherungsgesetzes doch recht farbig beschreiben habe). Sie
könnten die Finanzierung, an der letztlich alles hängt, durchaus
sicherstellen, sie wollen es einfach nicht. Die "Schwarze Null" (nein,
ich schreibe jetzt nicht von einem Unionspolitiker, sondern von der
Staatszielsetzung, künftig ohne neue Schulden der öffentlichen Hand
auskommen zu wollen) ist, das muss man so deutlich schreiben,
mittlerweile das sozialpolitische Credo schlechthin. So wird auch
verständlich, warum zunächst nicht einmal die Bestandsschutzregelung ins
Gesetz soll, so wird auch verständlich, warum die Bundesregierung
beinhart auf dem Prinzip besteht, sie bringe dieses Gesetze entweder wie
von ihr vorgelegt oder eben überhaupt nicht durchs Parlament.
Ich
lese immer von den Auguren der Koalition, Andrea Nahles habe sich
monatelang für konkret diesen Gesetzentwurf „ins Zeug gelegt“. Nun ist
Fr. Nahles mindestens sozialpoliitisch ja nicht völlig unbeleckt,
Sozialpolitik war immer einer ihrer politischen Schwerpunkte. Das heißt,
die Frau weiß sehr genau, wovon sie redet, wenn sie der Öffentlichkeit
(bei den Betroffenen schafft sie das ja zunehmend nicht mehr) weis zu
machen sucht, das BTHG stelle in seiner Substanz einen wesentlichen
behindertenpolitischen Fortschritt dar.
Das stimmt, es stellt –
rein terminologisch – einen wesentlichen Fortschritt dar, indem es die
menschenrechtliche Sichtweise im Gesetz sprachlich darstellt, in der
gesamten Leistungsausgestaltung allerdings selbst weit hinter den ersten
Teil des SGB IX zurückweicht. Nicht umsonst lästere ich nahezu
unentwegt, dass mit der Schaffung des BTHG das Fürsorgeprinzip wieder
eingeführt wird, weil z.B. nach Zumutbarkeitskriterien „gepoolt“ werden
darf, natürlich – so meint auch Fr. Griese – nur mit Einveständnis der
Betroffenen. Wie dieses „Einverständnis“ aussieht, kann ich mir jetzt
schon illustriert vorstellen. Die Leistungsträger werden das
„Einverständnis“ schon dadurch bewirken, dass sie den Betroffenen
klarmachen, wenn er denn nicht einwillige, bekomme er eben überhaupt
keine Leistungen, er könne ja klagen.
Nein, ich kotze nicht, mir
wird nicht einmal schlecht. Aber in mir erwacht eine Kampfeslust, wie
ich sie seit Jahren nicht mehr verspürt habe.
Lasst sie dieses
Gesetz so beschließen, wie es jetzt eingebracht worden ist und wir
machen sie juristisch nach Strich und Faden fertig. Dieser
Gesetzentwurf ist dermaßen verfassungs-, behindertenrechtskonventions-
und menschenrechtswidrig, selbst wenn wir sie in den
Fachgerichtsbarkeiten nicht zu fassen bekommen sollten, weil nach wie
vor so manches Fachgericht sowohl das Grundgesetz als auch die
UN-Behindertenrechtskonvention eher als Sonntagsprosa denn als
Rechtsanspruch ansieht, auf verfassungsrechtlicher Ebene (und Gerhard
Bartz hat vollkommen recht, dass er auch uns selbst betroffene Juristen
schilt, dass wir damit nicht viel intensiver hantieren würden) bekommen
wir dieses Gesetz kurz und klein dekliniert.
Auch so bringen wir zum Ausdruck: Das BTHG in dieser Form ist #NichtmeinGesetz.
Der Link zum Beitrag auf den kobinet-Nachrichten: http://bit.ly/2e1N9xo.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen