Samstag, 1. Oktober 2016

Zur Realität jetziger und zur Erwartungshaltung künftiger Gesetzgebung, wenn denn das #Bundesteilhabegesetz so kommen sollte, wie wir es befürchten, das folgende Fallbeispiel

Zu den Erlebnissen im Hinblick auf die Verheißungen der schulischen #Inklusion an meiner eigenen blinden, extrem entwicklungsverzögerten, motorisch beeinträchtigten und mit einer autismusnahen Störung "gesegneten" Ziehtochter kann ich anmerken: 
Das Ganze spielt in einem Bundesland in der Mitte der Republik, wo uns die gesetzliche Verheißung dereinst verkündete: beeinträchtigte (der Gesetzgeber nennt sie immer noch fälschlich "behinderte") Kinder hätten einen vollumfänglichen Rechtsanspruch auf inklusive #Beschulung
Ja, steht so im Gesetz, machen wir? Denkste!
Das Schulamt weist zu, an irgendeine Schule, die sich halt irgendwann einmal bereit gefunden hat, eines der Beeinträchtigungsbilder (so viel zur "#Inklusion") beschulen zu wollen. Zudem handelt es sich dabei um die wohl eimzige Grundschule im ganzen Schulamtsbezirk, die hochbegabte Kinder fördert und deswegen schuleigene Curricula verwendet. Nichts dagegen, das Kind ist hochbegabt, aber eben blind und deutlich langsamer als nicht beeinträchtigte Kinder. Das Sozialamt (unter)finanziert eine Schulassistenz mit dem Kostenbudget einer Hilfskraft, obwohl jedem/r der Beteiligten klar ist, dass es einer pädagogischen Fachkraft bedarf. Die erste Schule findet, dass Blinde als Sorgeberechtigte eigentlich völlig ungeeignet sind und hat nichts Besseres zu tun (nachdem sie merkt, dass man mit dem Kind nicht einfach so problemlos umgehen kann, wie das mit einem zuvor beschulten "nur" blinden Kind möglich war), als vermittels des Jugendamtes den Versuch zu starten, eine segregative Förderbeschulung dadurch durchzusetzen, dass sie versucht, der Mutter das Sorgerecht entziehen zu lassen (der diesbezügliche familiengerichtliche Rechtsstreit hat immerhin ein halbes Jahr gedauert, endete aber mit einem Knock out fürs Jugendamt). Ach ja, das Jugendamt meinte auich deshalb, das Sorgerecht entziehen zu müssen, weil ich mich erdreistet hatte, für die Mutter Assistenzkosten für die Betreuung ihrer Kinder geltend zu machen. Über dieselben ist übrigens - dazu weiter unten - auch bis heute nicht entschieden.
Die Lehrkräfte sind nicht hinreichend kompetent und auch für die inklusive Beschulung in keiner Weise ausgebildet, trotzdem mutet ihnen das Schulamt die Verantwortung für die schulische Inklsuion von beeinträchtigten Kindern in vollem Umfang zu, da ja auch das #Schulamt - wie das Sozialamt - auf dem Standpunkt steht, #Schulassistenz sei eine reine handreichende Hilfstätigkeit. 
Dass das schon für blinde Kinder, für die das Erlernen blindentechnischer Grundfertigkeiten die zentrale Grundvoraussetzung ist, um am Unterricht überhaupt in irgendeiner Form teilhaben zu können, praktisch unmöglich ist, interessierte irgendwie niemanden von der Behördenseite so richtig, insbesondere wurde auch nicht ein - hier eigentlich zwingend vorgeschriebener - Hilfeplan für das Kind aufgestellt. Dass das erst recht für ein Kind mit multiplen Beeinträchtigungen gelten muss: so whar, was die Eltern erzählen, ist ja barer Unsinn, das muss man nicht ernst nehmen. Erst wenn es offiziell wird, wenn also ein Antrag der das Kind jetzt beschulenden #Schule eingeht, wird das Schulamt auf einmal wach. Genauso bei der #Hilfsmittelversorgung. Aufgrund der motorischen Einschränkungen haben wir für das Kind eine elektronische Punktschriftmaschine für die Schule mit dem besonderen "Gimmick" beantragt, dass ein kleiner Bildschirm am Gerät der Assistenzkraft und den Lehrkräften in Schwarzschrift anzeigt, was das Kind in Punktschrift schreibt. Nein, meint die bis zum letzten Schüljahr zwei Mal die Woche ambulant beschuldende Förderlehrkraft Sehen der hiesigen Förderschule Sehen in einem in der Nähe liegenden Landkreis: motorische Einschränkungen hin oder her, fehlende Feinmotorik: na und. Das Kind soll erst einmal an einer völlig schwergängigen manuellen Punktschriftmaschine das Schreiben der Punktschrift erlernen, auch wenn das Schriftbild dann kaum zu erkennen ist und das Kind noch langsamer schreibt, was sich mittlerweile auch auf seinen Notenspiegel auswirkt. Auf unser Anersuchen an das Schulamt: bis heute keine Reaktion. Ein einziges Gespräch von uns mit der jetzigen Förderlehrerin Sehen, und siehe das: Es scheint zu funktionieren! 
Uns wurde das Vorgehen der ersten Schule dann zu viel. Wir haben einen Antrag auf Beschulung an einer anderen Grundschule gestellt, woraufhin der für die Schulische Inklusion zuständige Schulfachliche Aufsichtsbeamte nichts Besseres zu tun hatte, als das Kind an diejenige ortsnächste Grundschule zuzuweisen, die die Aufnahme noch drei Jahre zuvor wegen angeblichen Platzmangels abgelehnt hatte. An dieser Schule ist man bemüht, glaubt allerdings dort festgestellt zu haben, dass das Kind ja tatsächlich einen weitergehenden Förderbedarf als lediglich den Förderschwerpunkt Sehen habe, woraufhin der Schule in ihrer Hilflosigkeit nichts anderes einfällt, als den Sorgeberechtigten anzusinnen, sie möchten das Kind doch an einer Förderschule der hiesgien Kommune für Mobilitätseinschränkungen beschulen lassen, weil man ansonsten einen zielgleichen Unterricht nicht länger gewährleisten könne, ohne dass das Kind weitere massive Leistungsabfälle verzeichnen würde
Dass es einen massiv erhöhten über den bewilligten Bedarf hinausgehenden Förderbedarf gibt, wurde sowohl dem Schulamt als auch dem #Sozialamt so frühzeitig wie nur irgend möglich angezeigt. Reagiert darauf wurde vonseiten des Schulamtes jetzt erst, nachdem die jetzt beschuldende Schule einen solchen Anspruch geltend macht (Du kommst Dir als Elternteil wirklich nur noch blöd vor). 
Weil dem Sozialamt meine Nase nicht passt, hat es jetzt zum Schuljahresbeginn die Schulassistenzkosten komplett gestrichen, die Fahrtkosten übernimmt es von Anfang an nicht. So leiste ich allein für Schulassistenz und Fahrtkosten (dieselben zugegeben für zwei Kinder an verschiedenen Schulen) alleine um die 2700,- € monatlich vor, wobei sich auch das Sozialgericht seeeeeeehr viel Zeit auch nur mit der Anberaumung einer vor über einem Jahr eingelegten Klage Zeit lässt (den Anordnungsantrag hat es allerdings ratzfatz abgelehnt, obwohl der Anspruch offensichtlich ist). Mit weiteren #Assistenzkosten für beide Kinder - auch dieselben mag das Sozialamt nicht bezahlen, obwohl auch hier der Anspruch als solcher dem Grunde nach unstrittig ist - finanziere ich jetzt momentan über 7500,- € monatlich vor. 
Zum einen: Das muss man sich erst einmal leisten können. Zum zweiten: Wenigstens die Fahrtkosten und die häuslichen Assistenzkosten lässt mich die Kommune jetzt seit knapp zwei bzw. seit über drei Jahren vorfinanzieren (das Rechtsamt der Kommune steht z.B. im sozialgerichtlichen Verfahren auf dem Standpunkt, die betroffene Mutter könne sich die Fahrtkosten ja vom Schulverwaltungsamt wiederholen. Das ist dafür aber - zumindest nicht, soweit es einen Kilometersatz über 30 Eurocent je Kilometer betrifft - gar nicht zuständig, was so auch im Schulgesetz dieses Bundeslandes steht. Das heißt, man will oder kann als Volljurist - es gibt nur solche als Justiziare, die das Rechtsamt der Kommune vertreten - noch nicht einmal das, was man im ersten Semester Jura lernt, nämlich ein Gesetz korrekt zu lesen). Die Geschichte ließe sich unendlich fortsetzen, bis hin zu permanenten Verleumdungen und mindestens einer uneidlichen Falschaussage vor Gericht seitens der kommunalen Behörden. 
Der Witz ist: Diese Situation würde sich durch das BTHG in keiner Weise bessern (es findet ja keinerlei Verbesserung der Situation der Betroffenen im Verwaltungsverfahren statt, obwohl selbst die Ministerin Nahles diese wirklich unverschämte Lüge in der Debatte zur Einbringung des #BTHG am vorvergangenen Donnerstag im Bundestag verbreitet hat). Man muss - Stand jetzt - ja vielmehr froh sein, wenn wenigstens alles so miserabel bleibt, wie es jetzt ist. Das BTHG bedeutet rechtlich und faktisch eine - vonseiten der Bundesregierung bewusst gewollte - nochmalige deutliche Verschlechterung der Situation der Betroffenen und - und das ist eben durchaus auch wichtig, auch wenn wir sozusagen gleich in zweierlei Hinsicht Betroffene sind - eben auch ihrer Angehörigen.

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